Sehr geehrter Herr Zimmer,
falls Sie diese Worte lesen, hat sich meine Hoffnung erfüllt, dass dieser Brief seine wohl ziemlich lange Reise in Ihren Händen beschliesst und nicht in denen eines ‚vorgelagerten‘ Briefaussortierers. Lesen Sie also wirklich selbst, dann verbindet der Brief uns nämlich mit einem Gedankenfaden, der, obwohl er so fein und hauchdünn ist, quer durch die Briefkästen und Postsäcke dieser Welt reicht.
Und so er denn gespannt ist, möchte ich versuchen, Ihnen mittels dieses gewundenen Fadens ein paar Dinge darzulegen über mich, über das ‚andere Ende‘ ihrer Musik. In einem breiten Strom fliesst mir ihr Schaffen zu, und mit diesen Zeilen rieselt nun hoffentlich ein kleines Bächlein umgekehrt auch Ihnen entgegen.
Es ist mir dabei sehr unangenehm, dass mein Brief zu dem Papierberg beiträgt, mit dem Sie wie jeder Prominente bestimmt überhäuft werden. Leider ist die Welt, und war’s schon immer, in zwei Lager gespalten, das der unüberschaubaren, namen- und gesichtslosen Menschenmasse, und das der verdienter- oder (häufiger wohl) unverdientermassen ‚Prominenten‘. Wenn ein Mitglied der ersten Gruppe (in unserem Falle ich) mit einem Mitglied der zweiten Gruppe (also Ihnen) Kontakt aufnehmen will, muss nun notgedrungen der Verdacht aufkommen, es (also wieder ich) wolle sich anbiedern, mit Beschimpfungen seinen Neid lindern oder auch bittstellen – wenigstens aber jemand anders zur Teilung des Leides an seiner Langeweile teilhaben lassen.
Darüber, ob ich mich eines dieser Vergehen schuldig mache, können Sie ehrlicherweise erst urteilen, wenn Sie meinen Brief zu Ende gelesen haben, bis dahin müssten Sie mein Wort dafür nehmen, dass ich es zumindest zu vermeiden versuche.
Ich weiss schon: Zeit ist Geld, was an sich nicht so schlimm wäre. Zeit ist aber auch Zeit, und die ist ein Wert an sich – weshalb ich sie Ihnen nur ungern stehle. Sehen Sie also nun den Umfang dieses Briefes und spielen mit dem Gedanken, ihn fortzuwerfen, so kann ich das verstehen. Sie könnten mir aber die eine Chance geben, dass Sie sich am Ende jedes Satzes fragen: "Will ich nicht zumindest den nächsten Satz noch lesen?" Wenn Sie auch dann noch verstohlen zum Papierkorb schielen, ist der Brief wohl uninteressanter als ich es hoffte, und dann mögen Sie mit diesen Blättern verfahren wie’s beliebt.
Gerne hätte ich nun, da ich endlich zur Sache komme, gleich den Grund genannt, warum ich Ihnen schreibe. Dass ich es nicht als undifferenzierter und kopfloser Bewunderer tue, haben Sie vielleicht schon gemerkt – wobei, um einem Missversändnis vorzubeugen, zu betonen ist, dass ich sehr wohl ein Bewunderer bin. Nur eben ein differenzierter, mit Kopf.
Aber egal wie sehr mir Ihre Musik gefällt, nur um Ihnen das mitzuteilen würde ich nicht zur (im übertragenen Sinne) Feder greifen, denn solch ein papiernes Lob bedeutete mir und Ihnen nichts.
Ich muss, um das Schreiben und Abschicken dieses Briefes begründen zu können, ziemlich weit ausholen, und die Begründung, warum ich Ihn schreibe, wird vermutlich auch gleich den Brief selbst ausmachen. Dass ich dabei auch (und zugegebenermassen zum grossen Teil) etwas über mich selbst erzähle, während es doch um Sie und Ihre Musik gehen sollte, ist unentschuldbar, aber unvermeidlich. Schliesslich müssen wir, um auch nur einigermassen klar kommunizieren zu können, uns ein wenig kennenlernen. Ich kenne Sie schon ein stückweit, Sie mich dagegen überhaupt nicht.
Nun denn; Ich bin 22, und trotz dieser meiner Jugend möchte ich gleich aus einem Buch namens "De senectute" zitieren. Damit meine ich nicht Cicero’s Werk, sondern dasjenige eines alten italienischen Rechtsphilosophen namens Norberto Bobbio, auf das ich durch glücklichen Zufall gestossen bin und in dem ich den wunderbaren Satz von den "fast unüberwindlichen Schwierigkeiten [...], die Kunst des Lebens zu erlernen" gefunden habe.
Wie Bobbio habe ich das Gefühl, diese Kunst nie wirklich beherrscht zu haben. Ich vermag mit meinem vorsichtigen, unsicheren, ängstlichen, aber deshalb auch rücksichtsvollen Wesen immer nur kleine Teile des Lebens anzugehen, zu packen und für mich zu gewinnen. Ich stolziere nicht in den Mittelpunkt und mutig zu den schönsten Früchten, sondern pflücke verlegen und manchmal zerknirscht die etwas kleineren am Rande – diese aber studiere ich mit um so grösserer Aufmerksamkeit, mit einer Aufmerksamkeit, die in Pedanterie ausarten kann.
Hierin liegt wohl mein Hauptcharakterzug: Das Grübeln und Gedankenbrodeln in meinem Kopf ist ohne Ende. Ob es darum geht, ob und für wie lange ich das hübsche Mädchen im Zug ein zweites Mal anblicken soll, oder darum, ob ich wirklich schon wieder ein neues Buch kaufen darf, wenn doch noch zig ungelesene im Bücherschrank stehen, oder um Sein oder Nichtsein, um Leben und Tod - keine Frage ist zu klein, als dass mein sorgenvolles Denken daraus keinen geistigen Elefanten zu machen vermochte, und keine gross genug, dass ich einsähe, wie unlösbar sie ist, und sie und mich ruhen liesse.
Das Merkwürdige an dieser Nachdenklichkeit ist wie erwähnt die sie ergänzende oder vielleicht eher kontrastierende Mühe, in dieser so eingehend und vielfältig studierten Welt dann auch zurechtzukommen. Extrem ausgedrückt: Wer beim Spazierengehen darüber nachgrübelt, wohin er die Augen richten soll, um niemanden unangenehm mit Augen aufzuspiessen, und um keiner Eitlen Eitelkeit durch Blicke zu nähren, der wird schliesslich mehr Aufmerksamkeit auf seinen eigenen Tritt als auf Wald und Wiese lenken. Und wer sich immerzu nach Sinn und Unsinn, nach Gut und Schlecht von allem und jedem fragt, dem werden sorglose Stunden zuhauf genommen.
Dies sind ja die zwei Seelen, die Geothe so schön benannte. Die eine denkt nur an das Leben, das es auszukosten gilt, die andere denkt nur an den Tod, und stellt deshalb alles in Frage. Ob sich jedoch nicht ein jeder genau in demselben Masse mit solchen Fragen beschäftigt? Nein, ich glaube, es in ungesundem Übermass zu tun. Damit meine ich keinesfalls ein Übermass an Klugheit! Naiv, stur und kompliziert, manchmal beinahe dogmatisch bin ich vielmehr durch diesen Charakterzug, erscheine manchen gar (dies allerdings zu unrecht) als kalt und arrogant. Und es erfordert gewiss das "Schicksal der Banalität", das meiner Generation zuteil wird, damit jemand sich den Kopf über so weithergeholte Probleme zerbrechen kann wie etwa dies, ob er sich überhaupt über irgendwas den Kopf zerbrechen darf.
Nun, es ist nicht möglich, die eigene Person, die man ja auch selbst nie ganz versteht, jemandem in wenigen Worten wirklich näherzubringen. Zumal mit schwarzer Tinte auf weissem Papier. Das habe ich beim Schreiben noch besser gemerkt als ich’s vorher schon wusste. Vermutlich könnte man über mich alles sagen, was man überhaupt von einem Menschen sagen kann, und nichts und alles stimmte.
Dennoch oder gerade deswegen will ich nun zum Kern meines Anliegens kommen, nämlich Ihrer Musik. Ich möchte Ihnen dabei vor allem die zwei Wege erklären, durch die ich mit Ihrer (nun, unter anderem mit Ihrer) Musik verbunden bin.
Ich habe, und hier beginnt der erste Grund, den mich – und in verschiedenem Mass den Rest der Menschheit – prägenden, wiedersprüchlichen Drang nach (zum einen) Theorie und nach (zum zweiten) Praxis des Lebens beschrieben. Eine Möglichkeit, diese zwei Dinge unter einen Hut, das heisst in ein Dasein zu bringen, ist bekanntermassen das künstlerische Schaffen. Im Moment, in dem ein Bild, ein Text, eine Plastik oder eine Melodie entstehen, treffen sich in dem kreierenden Menschen weltliche Erfahrungen und Empfindungen mit geistigen Reflexionen und Gedanken und werden eins in seinem Werk.
Unter anderem wegen dieser Vereinigung von Sein und Denken (die wiederum eigentlich identisch sind, wie‘s Monsieur Descartes lehrte) habe ich schon kurz nach dem Erlernen des ABC‘s eine Liebe zum Schreiben empfunden, und diese Liebesbeziehung zieht sich bis heute fort, wenn sie auch mitunter von ‚Ehekrisen‘ geplagt ist.
Besonders interessiert hat mich dabei immer der Grenzbereich der Gefühle und Erlebnisse, die sich gegen das Festhalten sträuben – die einen wortlos und entmutigt die Feder und den Pinsel senken lassen. Ein klarer Sternenhimmel etwa. Eine nächtliche Stunde der plötzlich hereinbrechenden Todesangst. Die sanfte Heiterkeit eines Herbstspazierganges. Eben die (nennen wir es doch beim Namen:) Schrecklichkeit und Herrlichkeit der Welt.
Sie aus dem unmittelbaren Erleben herauszunehmen und weiterzugeben, mittels geschriebener Sprache meist, habe ich immer wieder probiert. Und nie zufriedenstellend geschafft. Dinge zu beschreiben, die man unmöglich beschreiben kann, scheint mir auch tatsächlich unmöglich – in einem Text zumindest.
Anders aber beim Film. "Aha!", denken Sie jetzt, "die Naivität hat er ja schon erwähnt. Hollywood-Träume gehen da Hand in Hand..." Und wirklich, es ist mein ‚märchenprinz’scher‘ Wunsch, Filmemacher zu werden – weil ich hoffe, so meine (und anderer Menschen) Gefühle und Gedanken am besten verewigen zu können, am intensivsten, farbigsten, lebendigsten. Und dabei eben auch die Dinge mitteilen zu können, die sonst nicht mitteilbar sind. Ob’s mit diesem Vorhaben etwas wird, ist zweifelhaft, und ich werde mich hüten, Ihnen mehr darüber zu schreiben.
Ich habe dieses Interesse am Film aber darum erwähnt, um klarzumachen, wie wichtig mir die Musik ist. Denn ich musste (oder durfte) vor einigen Jahren feststellen, dass ich mich getäuscht hatte, dass nicht der von mir so sehr geschätzte Film das Medium ist, welches das Leben am besten in sich aufnimmt – nein, es ward‘ mir plötzlich klar, dass die ‚Königskunst‘ in meinen Augen, oder besser in meinen Ohren, die Musik ist!
Ein herbstlicher Sturm: man mag ihn malen, beschreiben, bedichten, mit der Linse einfangen. Doch niemals wird man das Wesen des Sturmes und die Stimmung der Seele, die ihn erlebt, so wunderbar und reich erfassen können wie Vivaldi in seinen Kompositionen es tat. Das Gefühl der höchsten Freude ist vielleicht im Film besser darzustellen als im Text oder in einem Gemälde – aber wie fern muss einem jede flache Darstellung der Freude bleiben im Vergleich zum Feuerwerk, das Beethoven’s "schöner Götterfunken" in des Hörer’s Herzen zündet! Und man mag feuchte Blättergrotten filmen noch und nöcher – nur wer Ihre Musik zu "Thin Red Line" hört, spürt einen Schauer über seinen Rücken laufen, als schliche er wirklich selbst durch den dunkeln Dschungel.
Sie haben also meiner Meinung nach als Komponist – als Filmkomponist zumal – den ‚Beruf‘ (Nennt man‘s so? Darf man, soll man?) gewählt, in dem sie am kräftigsten und schönsten die innere und äussere Welt kreativ erforschen und Ihre Gefühle mit anderen Menschen teilen können. Natürlich ist die Musik in einem gewissen Sinne weniger präzis als etwa ein Drama es sein kann. In einem anderen Sinne ist sie aber durch ihre Kraft und ihren direkten Zugang zur Seele des Hörers viel präziser als jede andere Kunst.
Dies also ist ein Grund, weshalb ich Musik (unter anderem Ihre) höre und mich mit ihr beschäftige. Zu spät erst habe ich diese Bedeutung entdeckt, und so ist die Zeit schon vorbei, um noch selbst auf der schöpferischen Seite dieses menschengeschaffenen Wunders teilzunehmen. Gewiss könnte ich noch lernen, ein wenig auf einem Klavier herumzumelodieren, aber was hat das mit dem kreativen, schaffenden Akt des Komponierens zu tun? So wie es jetzt ist, und so wie es bleiben wird, kann ich nicht einmal Noten lesen, und muss mich deshalb ganz auf das Zuhören konzentrieren – denn ‚beschränken‘ will ich’s gewiss nicht nennen!
Um den zweiten Grund zu erklären, weshalb mir Ihre Musik wichtig ist, muss ich erneut auf den Zwiespalt zwischen Sein und Denken, zwischen aktivem und kontemplativen Erleben zurückkommen. Ich stellte und stelle mir nämlich auch die Frage, welches von beiden denn eigentlich das ‚richtige‘ Erleben sei, welches das Leben an sich ‚ausmache‘.
Wenn ich geistesvergessen vor Gier ein Stück Schokoladenkuchen herunterdrücke, scheine ich zwar das Leben buchstäblich an mich zu reissen und zu verschlingen – aber bin ich nicht näher ‚am Leben dran‘, wenn ich im Nachhinein über die verführende Süssigkeit des Kuchens nachsinne? Wann erfahre ich, was Liebe ist: wenn ich mit der Herzensdame durch heisse Laken rolle oder wenn ich auf der Bank im Park mit ganzer, einsamer Seele an sie denke? Descartes eben: ich bin erst, wenn ich denke – nicht schon dann, wenn ich nur erst bin.
So gesehen ist dann auch jede Tätigkeit, die ich nicht im Nachdenken über die Welt und das Leben verbringe, ein Schritt weg vom echten Sein. Am deutlichsten wird dies bei den Drogen – wer high ist, ist nicht mehr sich selbst, ist nicht mehr in dieser Welt, er ist nicht mehr. Aber Drogen sind nur das extremste Beispiel, auch Schokoladenkuchen, Fussballspiele, Küsse und Fernsehsendungen (Drogen anderen Namens eben) sind in diesem Sinne eine Ablenkung vom eigentlichen, wirklichen, man kann wohl sagen ‚nackten‘ Leben – wobei der Terminus "nackt" hier im positiven Sinne gemeint ist.
Aufgrund solcher Überlegungen habe ich oft das Gefühl, diese Dinge meiden zu müssen, ihnen nur in beschränkten Massen frönen zu dürfen, damit mir nicht zuviel Zeit verlorengehe, in der ich sie und den Rest der Welt im Denken, im Erinnern, im Verstehen betrachten kann.
Es gibt aber eine Tätigkeit, die zugleich Ruhe und Aktivität des Geistes ermöglicht, eine Tätigkeit, bei der ich nicht das Gefühl habe, mich vom echten Leben zu entfernen, sondern es geradezu zu umarmen und es mich durchdringen zu lassen – und dies ist, natürlich, das Musikhören. Die Musik kann von Kopf und Herz Besitz ergreifen, ohne diese dabei zu ersticken, ohne sie ganz aus der Welt zu reissen. Wie beim kreativen Schaffen treffen sich im Hörer Sein und Denken, und das Resultat ist etwas, was ich mit Worten nur unzureichend beschreiben kann; Klarheit und Einsheit.
Diese einmalige Verbindung von unmittelbarem und reflektiertem (Er-)Leben ist also der zweite Strick, der mich an die Musik fesselt. Ich muss dabei einschränkend zugestehen, dass die Musik vielleicht doch ein wenig mehr Ähnlichkeit mit einer Droge hat, als ich es dargestellt habe. Doch sollte es so sein, dann sei es eben so; denn unschädlichere, wunderbarere Drogen als Musik kann ich mir wenige denken.
Ich hoffe, die zwei Dinge, die mich mit der Musik verbinden, nicht ganz im Unklaren gelassen zu haben. Auf meinen gedanklichen Streifzügen, die oft ziellos sind, oft die Suche nach unfindbaren Antworten als Ziel haben, ist die Musik mein Rückenwind, mein Wegweiser, manchmal meine (Sie verzeihen die Abgedroschenheit?) ‚Blume am Wegesrand‘, die wichtiger wird als Anfang und Ende der Reise.
Sie und Kollegen wie John Williams und Jerry Goldsmith, Vangelis, auch klassische Komponisten und Pop-Musiker (meist solche aus Japan) sind musikalische (Lebens-)Wegbegleiter, ohne die mir mein Dasein wohl oft wie ein schwarz-weiss-Film erschiene.
Zumindest einen von Ihnen wollte ich einmal wissen lassen, dass und warum er meine Sicht des Lebens mitprägt, und dies durch seine Musik mit einer Kraft und auf eine Art, denen mit Worten vielleicht nie gleichzukommen wäre, von der er wohl auch beim Komponieren nie etwas ahnt – denn die Musik ist, gelobt sei die wunderbare Wendung, ‚mehr als die Summe ihrer Teile‘, mithin also auch mehr als ihr Schöpfer. Einen wollte ich es einmal wissen lassen; Sie sind der eine, und einmal ist jetzt.
Ich glaube, Sie bemerken auch trotz einigen etwas ausschweifenden Passagen, dass mir blindes Verehrertum fern liegt. Ich halte Sie für einen wunderbaren Komponisten und für von der Muse teilweise richtiggehend geknutscht, und ich kann es mir nicht ganz erklären, wie ein ‚weltlicher‘ Mensch Musik wie die Ihre komponieren kann, die mitunter, wie Hesse im "Demian" so schön schreibt, "an Himmel und Hölle rüttelt."
Aber ich weiss auch, dass all dies schliesslich Geschmackssache ist, und dass ich von Ihnen als Mensch eigentlich nichts weiss – dass unser Denken und Leben unter Umständen zu verschieden sind, als dass wir uns irgendwie verstehen könnten. (So finde ich es zum Beispiel schwer erklärlich, warum Sie Ihre Zeit immer wieder Ramba-Zamba-Filmen wie "The Rock" widmen). Es ist denn auch beinahe töricht zu glauben, die Gedanken dieses Briefes kämen bei Ihnen in derselben Weise an, wie ich sie festzuhalten versuchte.
Aber probieren ist vom Porto abgesehen gratis.
Bleibt noch die Frage, weshalb ich ausgerechnet Ihnen schreibe, und nicht einem jener anderen genannten Himmelsrüttler. Ein Grund liegt darin, dass Sie Deutsch sprechen (beziehungsweise lesen) und ich mein Anliegen in Englisch nicht oder nur unvollständig (beziehungsweise noch unvollständiger) hätte zu Papier bringen können. Der zweite Grund ist der, dass Sie "The Burning Bush" für "The Prince of Egypt" geschrieben haben – und für dieses Stück alleine würde ich Ihnen den Nobelpreis für Musik überreichen, wenn es ihn denn gäbe, und wenn ich denn zu entscheiden hätte, an wen er verliehen würde.
Wenn Sie bis hier gelesen haben, wird es höchste Zeit, sich wieder Ihrer Arbeit zuzuwenden. Natürlich wäre es mir die grösste Freude, von Ihnen eine Antwort zu erhalten, eine Schilderung, wie Sie die Fragen und Themen meines Briefes von Ihrem Standpunkt aus ansehen. Genau genommen und in aller Ehrlichkeit war die Hoffnung auf solch eine Antwort eine Motivation für diesen Brief. Aber ich habe auch Verständnis dafür, dass Ihnen der Briefe zum Beantworten zu viele sind – und wenn Sie vor lauter Briefeschreiben nicht mehr zum Komponieren kämen, leidete ich ja am meisten darunter!
Jedenfalls wünsche ich Ihnen im Leben weiterhin viel Erfolg. Spielt das Schicksal mit (es spielt ja manchmal die wundersamsten Spiele), treffen wir uns vielleicht einst in Persona, wenn ich Sie darum bitte, zu einem meiner Filme die Musik zu komponieren!
In der Hoffnung, dass Sie den letzten Satz nicht als Drohung sondern als Scherz mit wahrem Kern ansehen bin ich für’s Erste und/oder für’s Letzte
Ihr Moritz Gerber