Das Zitat vom Samstag, dem 6. Februar 1999:
"... Hai, mô ichidô nihon ni ikimiashita..."
(Meine "schicksalshafte" Antwort auf eine einfache Frage)
Ich habe diese Woche wohl etwas über das Leben dazugelernt.
Fragt sich nur was...
Also:
Vor einer Woche verkündete ein Assistent am Ostasiatischen Seminar der Uni Zürich ganz überraschend,
dass die Japanische Botschaft ein Kurzstipendium für eine zweiwächige Japanreise vergebe.
Die Prüfung, aufgrund derer über die Vergabe entschieden werde, dürfe nur machen,
wer noch nie in Japan war.
Doch so streng werde das nicht gehandhabt, merkte er an...
Mit zugegebenermassen grosser Zerknirschung
fügte ich mich dem bösen Los:
Ich würde die Prüfung nicht machen, da ich ja schon einmal dort gewesen war.
Doch bald war zu erfahren, dass andere, welche ebenfalls das "Glück" haben, das ferne Land besucht zu haben,
sehr wohl im Sinne hatten, die Prüfung zu machen.
Und schon war ich in der moralischen
Zwick-
mühle!
An die Prüfung zu gehen,
und dabei die Chance auf das Stipendium denen zu nehmen, welche noch nie in Japan waren,
oder aber nicht zu gehen,
und dabei zuzusehen, wie die, welche weniger Skrupel haben, ungeachtet ihres vorhergehenden Aufenthaltes absahnen,
das ist (d.h. war) die Frage!
Und sie plagte mich eine ganze Woche.
Ich ging gar darum bitten, man möge streng sein und die Kriterien genau befolgen,
mir damit die Wahl und gleichzeitig allfällige künftige Gewissensbisse oder Bedauernisse zu nehmen.
Ich suchte gar, alle, welche Nippon schon besucht hatten, dahin umzustimmen, dass sie sich von der Prüfung abmelden.
Alles vergebens.
Und am Ende, nach schlaflosen Stunden, ewigem Für- und Wider, Freitag Nachmittags,
sass auch ich im Prüfungszimmer, und grübelte und schrieb.
Eine moralische Niederlage?
Oder die späte Einsicht in das Wesen der Welt?
Frechheit gewinnt?
Hinlangen und Zuschlagen geht über Studieren?
Was ist mit dem guten alten "Ehrlich währt am längsten",
mit "Bescheidenheit ist eine Zier"?
Vom Aussterben bedroht?
Jedenfalls
wurde mir nach der Prüfung von der Abgesandten der Botschaft die Frage gestellt,
ob ich denn schon einmal in Japan gewesen sei...
Ohne wirklich zu zögern begrub ich dann die Hoffnung auf die schöne Japanreise,
beendete damit aber auch die tagelangen Gewissensfragen, das Grummeln und Grübeln.
"Hai, mô ichidô nihon ni ikimashita..." - "Ja, ich bin schon einmal nach Japan gegangen..."
"Ach so", war die Antwort. "Dann werden sie ja leider sowieso das Stipendium nicht bekommen...."
"Aber die Prüfung war doch sicher eine gute Übung?"
Naja,
bei der Prüfung selbst habe ich vielleicht nichts gelernt.
Aber bei dem ganzen Treiben drumherum bestimmt.
Fragt sich nur was...
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